Offen gesprochen – Wie entwickelt sich die Immobilienwirtschaft?

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Interview mit der Geschäftsleitung Dr. Lis Hannemann-Strenger, Dr. Daniel Hannemann, Julien Ahrens

Die Immobilienwirtschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen und Chancen. Was bedeutet die aktuelle Zinsentwicklung und welche Auswirkungen hat das auf zukünftige Bauprojekte?

Julien: Die Zinsentwicklung spielt eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung von Bauvorhaben. Aktuell hat die EZB die Zinsen leicht gesenkt, aber bei den Bauzinsen tut sich nichts. Das interessiert viele Leute, die nun auf weitere Zinssenkungen spekulieren oder hoffen. Das Problem dabei ist, dass die Bauzinsen diese Entwicklungen bereits eingepreist haben. Wenn die Zinsen weiter sinken, werden die Preise wahrscheinlich wieder steigen. Das führt dazu, dass die erhoffte Erleichterung bei den Finanzierungskosten ausbleibt und sich die Situation für Bauherren nicht wesentlich verbessert.

Daniel: Und die höheren Kosten für Bauherren führen dann meistens auch zu einer Verlangsamung neuer Projekte. Dies wirkt sich besonders auf kleinere Bauträger aus, die weniger finanziellen Spielraum haben. Dies hat bereits zu einer ersten Konsolidierung im Markt geführt und wird noch weiter gehen, da nur die soliden Unternehmen überleben. Wir, als Familienunternehmen, bauen mit langfristiger Denkweise. Diese Stabilität und unser Fokus auf nachhaltige Planung ermöglichen es uns, auch in herausfordernden Zeiten unsere Wohnkonzepte erfolgreich umzusetzen.

Die allgemeine Nachfrage nach Immobilien ist ein wichtiger Indikator für die Branche. Welche Trends und Entwicklungen kann man derzeit beobachten, insbesondere in Bezug auf die Lage der Immobilien?

Daniel: Im Vergleich zum März 2023 sank die Zahl der Baugenehmigungen weiter, um unfassbare 47 %. Die Angebotsknappheit verschärft hier mittelfristig nicht nur die Preise, sondern auch die Möglichkeiten. Die Lage bleibt hier ein entscheidender Faktor. In den Top A Städten, wie in München, Berlin, Stuttgart, Frankfurt und Hamburg sind die Preise weiterhin hoch, selbst mit Krisen bedingten Korrekturen nach unten. Bei dem Preisniveau können viele einfach nicht mehr mithalten. Das der Trend dann Richtung umliegender Gebiete geht, ist verständlich. Aber auch hier ist die Lage wichtig. Gut angebundene Mittelstädte sind eindeutig die Gewinner.

Lis: Eine interessante Entwicklung ist auch der verstärkte Fokus auf persönliche Wohlfühloasen vor den Toren der City. Besonders seit der Pandemie, da mehr Menschen von Zuhause aus arbeiten und weniger an urbane Zentren gebunden sind. Die individuellen Bedürfnisse der Käufer spielen dabei eine immer größere Rolle. Die Menschen suchen nach mehr Lebensqualität, großzügigerem Wohnraum und einer besseren Work-Life-Balance, was in diesen Regionen zunehmend möglich ist. Wir achten bei der Architektur deshalb auch gerade auf diese Aspekte, durchdachte Grundrisse und modernste Lösungen. Aber auch ansprechendes wegweisendes Design ist da ein wesentlicher Bestandteil.

Regulierungen und Förderungen spielen eine zentrale Rolle in der Immobilienwirtschaft. Wie wird das Wachstumschancengesetz und dessen Förderungen für die Branche bewertet?

Julien: Das Wachstumschancengesetz bietet zahlreiche Fördermöglichkeiten, die für die Immobilienwirtschaft sehr relevant sind. Gerade die neuen Abschreibungen gelten eben nur bei Neubauimmobilien. Das gibt es bei Bestandsimmobilien nicht. Investitionen sind daher durchaus interessant, auch durch die Förderung für nachhaltiges Bauen. Diese sind nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft, da sie beispielsweise langfristig die Betriebskosten senken können. Aber auch die Möglichkeit für Investoren, frühzeitig maximale steuerliche Vorteile zu erzielen, ist natürlich attraktiv. Durch die Kombination zweier Abschreibungsmöglichkeiten können beispielsweise in den ersten Jahren Gesamtabschreibungen von bis zu 10 % erreicht werden.

Daniel: Es wird ja auch immer wieder vom Zurückdrehen der Bauvorschriften gesprochen. Aber daran glauben wir nicht, da diese Diskussionen seit Jahrzehnten geführt werden. Die Qualitäts- und auch die Sicherheitsansprüche der Deutschen sind einfach sehr hoch – das gilt auch für andere Lebensbereiche. Menschen entscheiden sich beispielsweise bewusst für Markenprodukte, weil sie wissen, dass diese langlebiger und zuverlässiger sind.

Einige Bauträger sind durch die Immobilienkrise vom Markt verschwunden. Wie bewerten Sie die aktuelle Wettbewerbssituation und welche Rolle spielt Nachhaltigkeit dabei?

Daniel: Die Immobilienkrise bereinigt den Markt stark. Die verbleibenden Unternehmen sind oft gut kapitalisiert und können auch größere Schwankungen abfedern. Neben finanzieller Nachhaltigkeit wird die ökologische Nachhaltigkeit zunehmend zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Investoren und Käufer achten verstärkt auf nachhaltige Bauweisen und Energieeffizienz. Projekte, die diese Kriterien erfüllen, haben nicht nur einen ökologischen Vorteil, sondern sind auch finanziell attraktiver, da sie oft von Förderprogrammen profitieren und langfristig niedrigere Betriebskosten aufweisen.

Wie wichtig ist Nachhaltigkeit auch aus finanzieller Sicht für die Immobilienwirtschaft ist?

Julien: Nachhaltigkeit ist aus finanzieller Sicht enorm wichtig. Investitionen in nachhaltige Technologien und Bauweisen sind zwar initial höher, amortisieren sich jedoch durch niedrigere Betriebskosten und höhere Wertstabilität der Immobilien. Zudem gibt es zahlreiche Förderungen und Steuererleichterungen für nachhaltige Projekte, die die Investitionskosten senken können. Banken und Investoren bevorzugen zunehmend nachhaltige Projekte, was die Finanzierungsmöglichkeiten verbessert. Langfristig betrachtet, ist Nachhaltigkeit nicht nur ein ethisches Gebot, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil.

Daniel: Trotz steigender Zinsen und der daraus resultierenden Herausforderungen sehe ich große Chancen in der wachsenden Nachfrage nach gut angebundenen Standorten und nachhaltigen Projekten. Programme wie die Afa und Sonder-Afa sind wichtige Aspekte, die wir unseren Kunden durch unsere Produkte zugänglich machen wollen. Allerdings möchten wir uns nicht von stets neuen kurzfristigen Gesetzesänderungen leiten lassen, da wir ohnehin langfristig innovativ und nachhaltig bleiben wollen. Der Wettbewerb wird zwar intensiver, aber Nachhaltigkeit und langfristiges Denken werden uns helfen, erfolgreich zu bleiben. Unser Ziel bleibt es, zukunftsfähige Lösungen für den Immobilienmarkt zu entwickeln, die den Anforderungen unserer Zeit gerecht werden und neue Standards setzen.

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